Gegen Missbrauch
Warum man bei Missbrauch nicht Schweigen darf
Das Schweigen brechen
Statistisch gesehen wird in Deutschland alle zwei Minuten ein Kind sexuell missbraucht. Das Bundeskriminalamt gibt 16.000 – 18.000 Anzeigen pro Jahr bekannt und schätzt die Dunkelziffer auf Faktor 20. Das heißt also, selbst „nur“ 16.000 Kinder im Jahr mit 20 multipliziert… wir würden von 320.000 betroffenen Kindern reden. Zahlen, Daten, Statistiken. Da verdrehen manche schnell die Augen: Es ist schließlich alles so weit weg, zu abstrakt, zu unbegreiflich. Wer kennt denn schon den schrecklichen Täter, vermutlich eine finstere Gestalt, dem man nicht mal bei Tage auf der Straße begegnen möchte. Wer kennt schon die Opfer… die auch heute aus Scham oft lieber schweigen.
Tatsächlich kommen aber die Täter aus allen Gesellschaftsschichten. Ob Arzt, Handwerker, Juristin, LKW-Fahrer, Arbeitslose… Ob Mann oder Frau egal welchen Alters. Theoretisch kann es jeder sein. Und die betroffenen Kinder? Es sind Jungs und Mädchen und es gibt auch hier keine Altersbegrenzung.
Leider weiß ich das alles nicht nur aus Statistiken und Lehrbüchern. Ich weiß es durch inzwischen mehr als 12 Jahre Vereinsarbeit bei gegen-missbrauch e. V. Wir haben dort eine große Plattform im Internet, auf der sich Betroffene und deren Angehörige sowie Unterstützer austauschen können. Und was ich in 12 Jahren von anderen gehört und gelesen habe, passt zu den offiziellen Zahlen und Schätzungen: meistens findet der Missbrauch im familiären Umfeld statt – Täter sind also Väter, Mütter, Omas und Opas, Tanten, Onkel und enge Freunde der Familie oder Lehrer, usw. Das soziale Umfeld des Kindes bietet mehr Gefahr, als der Fremdtäter, der aus dem Gebüsch springt und vor dem immer gewarnt wird. Die wenigsten Betroffenen erstatten Anzeige, was ebenfalls zur genannten Dunkelziffer passt.
Und ich weiß all das auch, weil ich selbst Betroffene bin.
In meinem Fall war der Täter mein Adoptivvater. Und (auch nicht untypisch) es gab schon seit Generationen Missbrauch in meiner Familie. Meine Großmutter hatte es erlebt, später dann ihre Töchter. Und schließlich auch ihre Enkelin. Und ich beschloss, dass ich diese Kette durchbrechen muss. Ich machte Therapien und arbeitete jahrelang hart an mir und meinem Umfeld, brach schließlich auch mit meiner Herkunftsfamilie. Missbrauch ist wie eine Seuche. Sie betrifft nie nur die Opfer und Täter, sondern die ganze Familie drum herum.
Einige haben mich auf meinem Weg zur Heilung gefragt, warum ich „den alten Scheiß“ nicht endlich vergesse und nach vorne blicke. Ich denke, ich spreche für die meisten Betroffenen, wenn ich sage: NICHTS LIEBER ALS DAS!!!
An dieser Stelle sei eine kurze Exkursion erlaubt: Gibt es bei Ihnen irgendetwas, was Sie an Ihre Kindheit erinnert? Vielleicht ein Parfum, was Ihre Mama damals trug, ein Ort, an dem man sich fast wieder fühlt, wie ein Kind, ein Duft nach Tabak, der an Opi erinnert, eine bestimmte Mahlzeit, die es immer zu besonderen Anlässen gab…?? Egal was es ist. Erinnerungen, natürlich auch gute, werden oft durch irgendetwas ausgelöst oder verstärkt. So funktioniert das Gehirn.
Bei traumatisierten Menschen gibt es alltägliche, belanglose Situationen, die Erinnerungen oder „Flashbacks“ auslösen können.
Nachts kamen bei mir die schlimmsten Träume hinzu, vor allem auch keine körperliche Erholung im Schlaf, weil ich jede Nacht schweißgebadet aufwachte. Wie viele Betroffene hatte auch ich Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen. Vertrauen lernen, wenn schon kein Urvertrauen sein durfte. Wenn man schon der eigenen Familie nicht trauen konnte. Beziehung lernen, wenn man das nie gesund erleben durfte. Gesunde Sexualität lernen, wenn als Kind vieles sexualisiert war, anstatt kindgerecht.
Was hilft Betroffenen?
Wenn mich jemand um Rat fragt, was einem Betroffenen hilft, kann ich wirklich von Herzen empfehlen, eine gute Therapie zu machen. Manchmal ist der erste Therapeut nicht der richtige – aber auch hier gibt es für jeden Topf den richtigen Deckel. Wer Schwierigkeiten mit der Krankenkasse wegen Kostenübernahme der Therapie hat, darf sich gerne an gegen-missbrauch e. V. wenden. Wir helfen Betroffenen auch bei anderen Problemen sehr individuell und unbürokratisch.
Ich möchte ermutigen, über sexuellen Missbrauch zu sprechen. Denn wenn wir das Thema enttabuisieren, schwächen wir auch Täter, die genau dieses schambehaftete Verhalten ausnutzen. Diejenigen, die missbraucht wurden, tragen niemals die Schuld. Und das ist auch meine Antwort, auf die Frage, warum ich mich „traue“, so offen darüber zu sprechen: ich habe irgendwann begriffen, dass ich keine Schuld trage. Ich war ein Kind, weit entfernt von der Sexualität eines Erwachsenen und weit entfernt von Schuld.
Eine erste Anlaufstelle für viele Betroffene und deren Angehörige ist www.gegen-missbrauch.de
Hier erhält man ausführliche Informationen rund um das Thema sexueller Missbrauch. Aber es gibt auch einen interaktiven Bereich, bestehend aus Chat und Forum, in dem man sich austauschen kann.
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hallo
toll geschrieben,
ich bin selbst betroffene
hatte keine therapie
hallo! ich komme aus flörsheim am main,wo auch meine kinder wohnen.ich bin fürchterlich von einem ausländischen mann beleidigt worden.irgentwie hat er belauscht,das ich als fünfjähriges mädchen sexuellen missbrauch erlebt habe.er schrie quer durch ganze haus das ich als fünf jährige schon eine nutte war die ihre beine breit gemacht hat.ich bin 62 jahre alt und habe verbale und körperliche gewalt erlebt.er ist einfach zu weit gegangen.sollte mann nicht viel mehr unternehmen ,damit auch ausländische männer lernen was auch kinder für rechte haben.wenn tausend sterne weinen würden,weil sie nicht leben durften würde er ertrinken.wenn tausend sterne schreien würden,weil sie gequält,missbraucht und getötet wurden,wäre er taub.er hat gesagt das ich das wollte.welches kind will das.jedes getötete kind wollte leben und erwachsen werden.mann sollte unbedingt in dieser richtung etwas unternehmen. gabriele stiller