Eifersucht 2.0 – wie soziale Netzwerke die Partnerschaft belasten und was wir dagegen tun können
von Yvonne Keßel
„Die Eifersucht lässt dem Verstand niemals genügend Freiheit, um die Dinge zu sehen, wie sie sind!“ Miguel de Cervantes
Eifersucht – ein Gefühl, das wohl fast jeder schon einmal gespürt hat. Auslöser gibt es viele: die alten Urlaubsfotos vom Partner mit der Ex-Freundin, die einem beim Aufräumen in die Hände fallen, die unbekannte Nummer auf dem Display seines Handys, die alte Schulfreundin, die er letztens bei einem zufälligen Treffen auf der Straße etwas zu lange angelächelt hat.
Eifersucht im Kontext von Liebesbeziehungen, auch romantische Eifersucht genannt, empfinden wir immer dann, wenn wir die Beziehung zu unserem Partner bedroht sehen. Dies ist i.d.R. der Fall, wenn wir den Eindruck haben, unser Partner hat Interessen an einer anderen Person oder aber eine andere Person vermehrtes Interessen an unserem Partner. Schwierig ist außerdem, wenn unser Partner weiter mit der Ex-Freundin befreundet ist oder aber er in mehrdeutige, undurchsichtige Situationen involviert scheint (Sheets, Fredendall & Claypool, 1997). Wie intensiv wir dann die Gefühle der Eifersucht erleben, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon: unsere Persönlichkeit. So kann der eine vor Eifersucht verrückt werden, während der andere in der gleichen Situation nicht einmal mit der Wimper zuckt. Beeinflusst wird dies auch von dem selbst eingeschätzten Selbstwertgefühl einer Person (Parker, Low, Walker & Gamm, 2005). Je unsicherer wir uns fühlen, desto intensiver erleben wir die Eifersucht (Cooley, 2006). Daher gilt ein stabiles Selbstwertgefühl als bester Schutz gegen die quälenden Gefühle. Doch nicht nur unsere Persönlichkeit hat einen Einfluss auf unser Eifersuchtsempfinden. Auch die Beziehung selbst, die wir mit unserem Partner führen, kann mehr oder weniger als Nährboden für Eifersuchtsgefühle dienen. So erleben Menschen mit einem hohen Vertrauen in den eigenen Partner und einem starken Commitment zur Beziehung weniger Eifersucht (Couch & Jones, 1997; Aylor & Dainton, 2001). Je enger also die Bindung an unseren Partner, desto weniger Angst haben wir, diesen zu verlieren. Eifersucht zeigt sich daher häufig v.a. in recht jungen Partnerschaften, in denen eine stabile Bindung und Vertrauen in den Partner erst aufgebaut werden muss. Und das ist im Zeitalter von Facebook und Co. schwieriger denn je.
Da Soziale Netzwerke fast unbegrenzte Möglichkeiten bieten, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende Kontakte aufrechtzuerhalten (Aretz, Becher, Casalino & Bonorden, 2010), bieten sie nicht nur mehr Gelegenheit zur Untreue, sondern auch Raum für allerlei Spekulationen und Interpretationen. Wer sind all die Frauen auf der Freundesliste meines Partners? Weshalb postet seine Ex-Freundin ständig zweideutige Kommentare auf seiner Seite und wieso überhaupt hat er sie nicht schon lange gelöscht, wenn angeblich kaum mehr Kontakt besteht? Über die Facebook-Seite einer Person erfahren wir mehr, als wir vielleicht jemals wissen wollten. Die computervermittelte Kommunikation lässt durch das Fehlen von Gestik und Mimik vielfältige Interpretationen zu und stellt sich per se mehrdeutig dar. Wo der gelesene Text aufhört, fängt das Kopfkino an. Und damit häufig die Kontrolle. Das bestätigen kanadische Forscher, die festgestellt haben, dass Facebook und Co. Eifersuchtsgefühle provozieren, was wiederum zu einer stärkeren Kontrolle des eigenen Partners führt (Muise, Cristofides & Desmarais, 2009). Und so verstärkt sich der Kreislauf aus mehrdeutigen Informationen, fehlerhaften Interpretationen, die Eifersucht begünstigen und einer stärkeren Überwachung des Partners, was erneut eine Konfrontation mit Eifersucht provozierenden Informationen nach sich zieht. Schnell entwickelt sich eine regelrechte Besessenheit. Die Facebook-Seite des Partners wird zeitintensiv überwacht, jede kleinste Änderung nachverfolgt. Ein Drama nicht nur für die Beziehung. Auch das eigene Selbstwertgefühl und die Lebensqualität leiden unter solch einer Sucht massiv.
Doch es gibt einiges, was man tun kann, um die quälenden Eifersuchtsgefühle zu zähmen. Zunächst einmal gilt es, die Eifersucht für den Moment zu akzeptieren. Sie entsteht in erster Linie durch unsere Gedanken und sagt nichts über eine reelle Bedrohung der eigenen Partnerschaft aus. Tatsächlich ist es erst einmal unser Kopfkino, das einen immer gleichen Film spielt, den es zu stoppen gilt. Wichtig ist deshalb, sich nicht in Katastrophengedanken hineinzusteigern, sondern diese bereits beim ersten Auftauchen zu unterbrechen. Ob ein lautes „Stopp“, in 7er Schritten rückwärts zählen oder eine andere Form der Ablenkung: Eifersuchtsgedanken sollten nie zu viel Raum bekommen. Denn indem wir grübeln und uns die schlimmsten Dinge ausmalen, schleifen wir diese Gedanken ein. Und genau das macht uns für die Gefühle der Eifersucht immer empfänglicher.
Anstatt nach Anzeichen für Untreue zu suchen, wie wir es normalerweise tun, gilt es, den Blickwinkel zu wechseln: Was spricht dafür, dass ich meinem Partner vertrauen kann? Was zeigt mir, dass ich meinem Partner wichtig bin? Woran merke ich, dass wir eine gute Beziehung führen? Wenn wir uns diese Fragen stellen, fokussieren wir auf die positiven Aspekte der Beziehung und stärken gleichzeitig unser Selbstwertgefühl anstatt uns selbst mit bloßen Vermutungen immer weiter zu verunsichern. Auch kann es hilfreich sein, mit dem Partner über die eigenen Ängste zu sprechen. Eventuell gibt es hilfreiche Dinge, die der Partner tun kann und möchte, um die Bindung und das Vertrauensverhältnis zu stärken. Eine offene Kommunikation darüber, was jeder auf Facebook schreibt und liest sowie eine möglichst direkte, eindeutige Ausdrucksweise auf der eigenen Facebook-Seite helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Besonders wichtig ist es auch, die Kontrolle des Partners zurückzufahren. Manchmal hilft laut dem kanadischen Forscherteam nur eine Zeit der virtuellen Abstinenz (Muise et al., 2009).
Sich für ein paar Tage nicht einzuloggen, kann den Blickwinkel wieder gerade rücken, die Sucht und ständige Suche nach Informationen eindämmen. Wenn das alles nicht von Erfolg gekrönt ist, kann es durchaus sinnvoll sein, den eigenen Account komplett zu löschen. Auch wenn dies zunächst sehr schwer fallen mag, so scheint es doch die effektivste Form der Eifersuchtsbekämpfung zu sein (Muise et al., 2009).
Nicht zuletzt ist es wichtig, das Selbstwertgefühl zu stärken. Sind wir eifersüchtig, verengt sich unser Blick, wir fokussieren uns auf den Partner und finden uns so schnell in einer emotionalen Abhängigkeit wieder. Daher tut es gut, den Blick wieder zu weiten und auf sich selbst zu richten. Kernfragen sind: Was kann ich mir Gutes tun und welche positiven Dinge kann ich alleine, unabhängig von meinem Partner erleben? Denn die Erfahrung, auch alleine positive Dinge gestalten und erleben zu können, gibt uns Sicherheit und steigert das Selbstwertgefühl. Die Angst den Partner zu verlieren sinkt und wir können ihm wieder mehr Freiraum lassen. Was uns selbst gut tut, tut also auch der Beziehung gut.
Eifersucht ist kein Liebesbeweis. Sie ist vor allem ein Anzeichen für Angst. Doch wenn wir uns dieser stellen und sie zum Anlass nehmen, nicht nur den Partner kritisch zu beäugen, sondern v.a. das eigene Verhalten zu hinterfragen, können wir ein gestärktes Selbstwertgefühl entwickeln und neue Perspektiven für die eigene Beziehung erschaffen.
Literatur
Aretz, W., Becher, L., Casalino, A.-L. & Bonorden, C. (2010). Digitale Eifersucht: Die Kehrseite sozialer Netzwerke. Eine empirische Untersuchung. Journal of Business and Media Psychology, 1, 17-24.
Aylor, B. & Dainton, M. (2001). Antecedents in romantic jealousy experience, expression, and goals. Western Journal of Communication, 65, 370-391.
Cooley, R. C. (2006). Correlational Relationship between Jealousy, Self-Esteem, And Locus of Control in an Undergraduate Population. Michigan: Eastern Michigan University.
Couch, L. L. & Jones, W. H. (1997). Measuring levels of trust. Journal of Research on Personality, 31, 319336.
Muise, A., Christofides, E. & Desmarais, S. (2009). More Infromation than You Ever Wanted: Does Facebook Bring Out the Green-Eyed Monster of Jealousy? CyberPsychology & Behavior, 12, 441-444.
Parker, J. G., Low, C. M., Walker, A. R. & Gamm, B. K. (2005). Friendship Jealousy in Young Adolescents: Individual Differences and Links to Sex, Self-Esteem, Aggression, and Social Adjustment. Development Psychology, 41, 235-250.
Sheets, V. L., Fredendall, L.L. & Claypool, H. M. (1997). Jealousy evocation, partner reassurance, and relationship stability: an exploration of the potential benefits of jealousy. Evolution & Human Behavior, 18, 387-402.
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