Die Redaktion erhält viele Zuschriften, in denen sich Frauen in den Mitvierzigern fragen: Wechseljahre – bin ich schon drin? Um diese Frage geht es in diesem Artikel.
Woran können Frauen erkennen, dass die Wechseljahre (Klimakterium) eingesetzt haben? Und welche typischen Beschwerden können entstehen?
Denken Sie jetzt kurz mal an die Wechseljahre. Welche Begriffe fallen Ihnen spontan ein?
Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen antworten die Meisten. Das will natürlich keine Frau. Immer wieder hört man Horrormeldungen von Frauen, die im Beruf vor dem Chef sitzen und es tropft ihnen der Schweiß von der Nase. Automatisch entsteht eine innere Sorge oder eine ablehnende Haltung vor dieser Zeit. Aber es gibt auch Frauen, die sich keine Gedanken über mögliche Symptome machen und sich auf die Wechseljahre freuen – denn ein neuer Abschnitt beginnt und damit die Chance auf ein neues selbst bestimmtes Leben.
Die gute Nachricht
Wechseljahre sind ähnlich wie Pubertät – keine Krankheit. Die Wechseljahre bringen eine natürliche Hormonveränderung mit sich. Denn die fruchtbare Phase vergeht. Eireifung und Eisprünge werden nun nicht mehr benötigt. Die bisher bereit gestellte Energie dafür kann frau nun für andere Dinge nutzen. Ich nenne die Zeit gern, die „geistige Fruchtbarkeitszeit“.
Viele negative Einflüsse aus unserem Leben und der Umwelt können dieses sensible Gleichgewicht jedoch durcheinander bringen.
Ca. ein Drittel aller Frauen leiden dann unter starken Beschwerden. Aber, wie gesagt, 1/3 hat keinerlei Symptome. Bei der Diagnosestellung ist folgendes zu berücksichtigen: Manche der Beschwerden sind auf das erwähnte Geschlechtshormon-Ungleichgewicht zurück zuführen, manche auf unseren Lebensstil, andere auf den normalen Alterungsprozess, auf die sensible Schilddrüse oder eine erschöpfte Nebenniere.
Interessantes aus der Evolutionsbiologie
Außer dem Homo sapiens gibt es unter den Säugetieren keine andere Spezies, bei der die postmenopausale Phase ca. ein Drittel der gesamten Lebenszeit ausmacht. Erst in den letzten Jahrhunderten hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung der Frau über die Altersgrenze des Klimakteriums hinaus verschoben. Vor 150 Jahren lag die durchschnittliche Lebenserwartung bei „nur“ 38 Jahren. Diese neue und sehr rasche Lebensverlängerung rechtfertigt die Unterstützung von entsprechenden Alterungs-und Mangelerscheinungen, auf die die Natur bislang nicht eingestellt war.
Was passiert im Körper?
Lange Zeit versucht der Körper, die Veränderungen, die bereits um das 40. Lebensjahr beginnen können, abzufangen, um den Östrogenspiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits so viele Eizellen in den Eierstöcken verbraucht, dass immer weniger im Monatszyklus heranreifen. Aufgrund des ausbleibenden Eisprungs entsteht weniger natürliches Progesteron (Gelbkörperhormon). Der Körper versucht, durch eine vermehrte Bildung von FSH (dem Follikel-stimulierenden Hormon) die Funktion der Eierstöcke wieder anzukurbeln. Der Beginn der Wechseljahre ist also dadurch gekennzeichnet, dass die Konzentration von FSH im Blut messbar ansteigt, während der Östrogenspiegel noch lange Zeit weitgehend normal bleibt.
Bleibt aufgrund der müden Eierstöcke der Eisprung im Monatszyklus aus, kann sich der so genannte Gelbkörper, der das Gelbkörperhormon Progesteron abgibt, nicht bilden. Mit zunehmendem Versiegen der Eizellen geht deshalb der Progesteronspiegel zurück. Die Folge sind Blutungsstörungen. Oft sind das die ersten, von der Frau wahrgenommenen, Anzeichen für die Wechseljahre. Mal ist der Abstand zwischen zwei Blutungen sehr kurz, die Blutung hält nur wenige Tage an, und mal dauert es deutlich länger, bis die nächste Blutung kommt. Längere Pausen wiederum können von sehr heftigen Blutungen begleitet sein, die lange andauern.
Bei den meisten Frauen beginnen solche Zyklusschwankungen zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr und dauern mehrere Monate bis Jahre. Die Blutungen bleiben ganz aus, wenn der Östrogenspiegel so niedrig geworden ist, dass keine Gebärmutterschleimhaut mehr gebildet wird. Allerdings werden sie nur von Frauen bemerkt, die nicht die Pille zur Empfängnisverhütung nehmen, da diese ja den Zyklus „künstlich“ reguliert.
Stellen wir uns eine Waage vor, die an beiden Seiten (durch Progesteron und Östrogen) im Gleichgewicht gehalten wird. Sinkt nun das Progesteron, bekommt sein „Gegenspieler“ im monatlichen Zyklus – das Östrogen – ein relatives Übergewicht. Es können dadurch Beschwerden auftreten:
Unregelmäßige (zunächst meist verkürzte) Zyklen mit oft verstärkten oder schwächeren Blutungen
Zwischenblutungen
Verstärkte prämenstruelle Beschwerden
Schlafstörungen (ständig wach werden)
Spannen und Schweregefühl in den Brüsten (Mastopathie)
Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen sowie geringere Belastbarkeit
Dünner werdende Haare und Nägel, Hautveränderungen
Fett-Umverteilung (mehr Bauch)
Gelenkbeschwerden
Nach ein paar Jahren sinkt dann auch der Östrogenspiegel und bringt u.a. die typischen Symptome der Wechseljahre mit sich, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Libidoverlust, Schlafstörungen und trockene Schleimhäute sowie damit verbundene Blasenentzündungen und/oder Pilzinfektionen sowie Schmerzen beim Sex.
Hormonschwankungen schon lange vor den Wechseljahren?
Ja, das gibt es. Unser Hormonregelkreis ist sehr sensibel und reagiert „beleidigt“ auf zu viel Stress, negative Umweltbelastungen, Ernährungssünden oder nach langer Pilleneinnahme u.v.m. Außerdem haben Schilddrüse und Nebenniere auch etwas im Regelkreis zu sagen und funken oft dazwischen.
Was kann ich tun?
Blut- oder besser noch Speichel-Hormontests können Aufschluss über den aktuellen Stand geben. Bitte bedenken Sie: Hormonwerte schwanken gerade in den Wechseljahren sehr stark. Außerdem ist für eine sichere Beurteilung der Zeitpunkt im Menstruationszyklus wichtig (um den 21. Tag). Bei unregelmäßigem Zyklus ist das oft schwierig. Zur sicheren Diagnose kann eine dreimalige Kontrolle der Werte unter gleichbleibenden Bedingungen notwendig.
Aber Laborwerte sind gut und dienen als Basis für eine Therapie bzw. deren Verlaufskontrolle, aber es zählt doch stets die Lebensqualität der Frau, egal was die Werte sagen. Ich wünsche Ihnen eine entspannte WechselZeit.
Ihre Expertin für Frauengesundheit, Andrea Mohr
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